Die Luxusbranche im Wandel
Was Marken sich von Dior und Loewe abschauen können
Wenn Jonathan Anderson zum Creative Director aller Dior-Linien ernannt wird – von Womenswear bis Haute Couture – ist das weit mehr als ein internes Update der Luxuswelt.
Es ist ein deutliches Zeichen für einen Paradigmenwechsel in der Markenführung. Und: Es bietet wertvolle Impulse für alle, die Marken bauen – auch jenseits der Fashion Bubble.
Luxus als Blaupause für moderne Markenführung
Dior zählt zu den wertvollsten Luxusmarken der Welt und ist ein zentraler Umsatzträger des LVMH-Konzerns mit über 84,7 Mrd. € Jahresumsatz (2024).
Dass eine so ikonische Marke einem einzelnen Kreativdirektor die vollständige kreative Hoheit überträgt – zum ersten Mal seit Monsieur Dior selbst – ist ein mutiger und strategischer Schritt.
Und einer, der zeigt: Kreative Gesamtverantwortung wird wieder zur Schlüsselkompetenz.
Warum das auch für Marken außerhalb des Luxussegments spannend ist?
Weil Luxusmarken seit jeher Vorreiter darin sind, Marken begehrlich, kulturell aufgeladen und emotional aufzuladen – etwas, das zunehmend auch für Premium-, Lifestyle- und D2C-Brands überlebenswichtig wird.
Der Loewe-Effekt: Wie Anderson Marken transformiert
Jonathan Anderson hat bereits bei Loewe vorgemacht, wie man eine altehrwürdige Marke nicht nur verjüngt, sondern transformiert – und damit kulturell und wirtschaftlich neu auflädt.
Sein Erfolgsrezept lässt sich auf drei zentrale Prinzipien herunterbrechen:
1. Cultural Leadership durch klare Zielgruppenfokussierung
Anderson positionierte Loewe gezielt im kulturellen Raum – für sogenannte „Cultural Creatives“, Menschen, die Mode als Ausdruck von Ästhetik, Haltung und Kunst begreifen.
Statt möglichst breiter Reichweite stand Relevanz in Subkulturen im Vordergrund.
👉 Marken, die kulturelle Narrative mitprägen, verkaufen Bedeutung, nicht nur Produkt.
2. Radikale Verjüngung der Kommunikation
Loewe setzte nicht auf klassische Luxuscodes oder Hochglanz-Inszenierungen.
Stattdessen entstand eine eigenständige, fast surreale Bildsprache, die organisch im digitalen Raum funktionierte – mutig, polarisierend, aber nie beliebig.
👉 Relevanz entsteht, wenn Marken anders denken – nicht nur schöner.
3. Craft als Differenzierungsmerkmal
In einer Zeit, in der TikTok-Trends täglich neue „Dupes“ hypen, gewinnt handwerkliche Exzellenz wieder an Strahlkraft – wenn sie glaubwürdig kommuniziert wird.
Bei Loewe wurde „Craft“ nicht nur als Qualitätsmerkmal, sondern als kulturelles Statement inszeniert.
👉 Echtes Handwerk ist das neue Statussymbol – aber nur, wenn es lebendig erzählt wird.
Warum das gerade jetzt zählt
Die Luxusbranche steht 2025 an einem Wendepunkt.
McKinsey prognostiziert ein verlangsamtes Wachstum von nur noch 1–3 % jährlich bis 2027.
Die jahrelange „Pricing-Out“-Strategie, bei der Marken sich durch stetige Preiserhöhungen abgrenzten, stößt an ihre Grenzen – kulturelle Relevanz wird zur neuen Währung.
Drei Impulse für Marken im Wandel
Unabhängig von Branche oder Budget – folgende Prinzipien sind übertragbar:
Kulturelle Zugehörigkeit definieren
Wofür steht Ihre Marke – ästhetisch, inhaltlich, gesellschaftlich?
Welche Werte und welche Community prägen Ihre Markenwelt?
Authentizität durch echtes Handwerk
Ob Produkt, Service oder Kommunikation – was zeigt Ihre Kompetenz?
Und wie lässt sie sich spürbar und glaubwürdig inszenieren?
Heritage als Zukunftstreiber nutzen
Geschichte ist kein Ballast, sondern Potenzial – wenn sie nicht nur zitiert, sondern weiterentwickelt wird.
Relevanz entsteht durch intelligente Verankerung in der Gegenwart.
Fazit: Bedeutung schlägt Produkt
Jonathan Anderson zeigt:
Kulturelle Relevanz entsteht nicht durch Produkte oder Werbung – sondern durch Haltung, Authentizität und kreative Gesamtverantwortung.
Für Marken bedeutet das:
Wer morgen noch gesehen werden will, muss heute über Reichweite hinausdenken – und anfangen, Bedeutung zu gestalten.